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Sebastians College-Aufenthalt in Boston

Der Unterricht ist so interessant

KulturLife: Warum wolltest Du ins Ausland?

Sebastian: Im Englisch-Unterricht Anfang der neunten Klasse nahmen wir ein Buch durch, indem ein deutscher Junge einen dreiwöchigen Austausch in England absolvierte und tolle Erlebnisse dort hatte, das war eine Unit in unserem Englischbuch. Mich hat die Idee sehr fasziniert und ich habe immer wieder davon gesprochen, so etwas auch für ein ganzes Jahr zu machen. Ca. 1,5 Jahre später, und immer noch entschlossen, ins Ausland zu gehen, meldete ich mich an, um die 11. Klasse im Ausland zu verbringen. Ich war damals eher mittelmäßig in Englisch und wollte dies im Ausland verbessern. Tatsächlich war ich damals der einzige Schüler aus meiner Stufe, der ins Ausland ging. Zudem wollte ich auch viele neue Erfahrungen sammeln und eine neue Kultur kennen lernen, was mir im Nachhinein beides sehr gut gelungen ist.

KulturLife: Warum gerade England und warum das Boston College?

Sebastian: Ich wollte das "reine" Englisch lernen, was natürlich in England im Gegensatz zu anderen Ländern gut gesprochen wird. Außerdem hat mir der Austausch Erfahrungsberichte mit anderen Schülern, die zum Beispiel in den USA waren, gezeigt, dass die Gastfamilien in England meist besser sind als dort. Ich wollte auch eine gute Erfahrung mit einer Gastfamilie machen.

Das Boston College habe ich sowohl bei anderen Organisationen angeboten bekommen als auch bei KulturLife. Es besteht ein gutes Preisleistungsverhältnis, was auch meine Eltern überzeugt hat, sich für KulturLife zu entscheiden.

KulturLife: Wie war Deine Vorbereitung auf den Austausch?

Sebastian: Ich war einfach offen für Neues und wollte einfach sehen, was auf mich zukommt. Ich war sehr neugierig auf die Menschen, die Kultur und die Schule. Vorbereitung als solche habe ich dadurch bekommen, dass ich viele Bücher über England gelesen habe und an einem Vorbereitungsseminar von KulturLife teilgenommen habe. Dies hat mir ebenfalls sehr geholfen, da man dort viele gute Tipps bekommen konnte.

KulturLife: Ankunft in England: wie waren die ersten Schultage?

Sebastian: Am ersten Schultag wurden die Englischkenntnisse von allen internationalen Schülern getestet. Dann wurden im weiteren Verlauf die Fächer gewählt. Ich hatte Mathe, Englisch, World Development, Film Studies und History. Die Fächer waren super interessant und machten sehr viel Spaß, es gab andere Möglichkeiten als in Deutschland.

Alle Lehrer und das gesamte Personal war immer für uns da und hat uns bei allen möglichen Fragen weitergeholfen.

Ich hatte eine Drei in Englisch und hatte mir die ersten Tage viel schwerer vorgestellt, als sie tatsächlich waren. Ich bin sehr stolz, dass ich so gut Englisch gelernt habe. Das Fach EFL habe ich, wie alle anderen internationalen Schüler, belegt und den IELTS Test mit 7,5 Punkten am Ende bestanden.

KulturLife: Wie ist der Unterricht, wie sind die Lehrer?

Sebastian: Der Unterricht ist so interessant, es findet kaum Frontalunterricht statt, sondern mehr Projektarbeit. Die Lehrer sind sehr engagiert, viel motivierter als zu Hause. Sie organisieren auch die Ausflüge und machen viel über den reinen Unterricht hinaus. Da wir sie mit Vornamen ansprechen durften, war das Verhältnis viel partnerschaftlicher als in Deutschland.

KulturLife: Musstest Du viel Lernen? War der Stoff zu meistern?

Sebastian: Ich habe echt viel für Mathe gelernt und bin dennoch durchgefallen. Ansonsten hatte ich gute Noten, ich wollte einfach die Lehrer nicht enttäuschen! Außerdem wollte ich sie auch beeindrucken, irgendwie fand ich, dass ich es ihnen fast schuldig bin, weil sie so engagiert sind. Wenn zu viele Schüler schlechte Noten in dem Fach haben, kann es sein, dass dieses im Folgejahr nicht mehr angeboten wird. Und dafür wollte ich nicht mit verantwortlich sein. Abgesehen davon war der Stoff aber mit etwas Anstrengung am Ende (da dann die Examen geschrieben wurden) auf jeden Fall zu meistern.

KulturLife: Wie war der Schulalltag?

Sebastian: Boston College ist eine tolle Schule, trotz langem Schultag, da gewöhnt man sich schnell dran und wenn der Unterricht Spaß macht, geht die Zeit sowieso viel schneller vorbei. Manchmal war mir die Mittagspause etwas zu lang. Ich habe dann den Computer in der Bibliothek gut nutzen können.

KulturLife: Was hat das Boston College außerhalb des Unterrichts angeboten?

Sebastian: Wir konnten uns für alle möglichen Ausflüge eintragen, die supergünstig waren. Meist wurden sie von den Lehrern organisiert und auch durchgeführt, was toll war, denn somit lernte man die Lehrer von einer ganz anderen Seite kennen.

KulturLife: Hast Du an Ausflügen teilgenommen? Wenn ja, wohin?

Sebastian: Ich bin mit dem Boston College nach York, Chatsworth und Edinburgh gefahren und: nach Indien! Mein Lehrer von dem Fach "World Development" hat lange in Indien gelebt und hat eine zweiwöchige Tour zum Ende des Schuljahres angeboten.

KulturLife: Das hört sich toll an, erzähle mir doch mehr von dieser Reise!

Sebastian: Das war in der Tat eine super Erfahrung, die mich sehr geprägt hat. Wir, das waren zwei Lehrer und acht Schüler, sind eine Woche in Ahmedabad gewesen und haben uns Schulen angeschaut, da das Boston College auf der Suche nach einer Partnerschule gewesen ist. Wir haben den Schulkindern, die wirklich nicht viel hatten (sie mussten auf dem Boden sitzen und es gab nur einen einzigen Wasseranschluss für das gesamte Dorf) Stifte gekauft und zu sehen, wie sehr sie sich über solche Kleinigkeiten gefreut haben, war für mich einfach überwältigend. Hätte ich das gewusst, hätte ich von meinem privaten Geld noch viel mehr für sie gekauft, diese Freude von ihnen hat mich sehr gerührt!

In der zweiten Woche sind wir durchs Land gereist, wir haben unter anderem Sehenswürdigkeiten in Udaipur, Jaipur und in Agra (Taj Mahal) gesehen. Ein besonderes Erlebnis war, dass wir einen persönlichen Fahrer hatten, der uns die ganze Zeit herumgefahren hat. Während der ersten Woche hat uns ein Fahrer zum Essen in seinem Haus (vier Zimmer) eingeladen. Seine Frau hat selber gekocht und das Essen war das beste was ich in diesen zwei Wochen gegessen habe. Er tat dies mit einer beeindruckenden Selbstverständlichkeit obwohl dieses Essen ihm ein Monatsgehalt gekostet hat. Mir hat diese Reise wirklich die Augen geöffnet, die neu gewonnen Eindrücke haben mich sehr geprägt.

KulturLife: Was hast Du sonst noch unternommen?

Sebastian: Im Frühling bis hin zum Sommer bin ich per Zufall (durch einen Mathelehrer der Schule mit dem ich dann auch immer gesegelt bin) zum Segeln gekommen! Es gibt einen kleinen Segelhafen in Boston und für nur 20GBP für den gesamten Zeitraum durfte ich immer mit aufs Boot. Hauptsächlich segelt man dort auf dem Fluss, was eine Menge Spaß macht und mittlerweile kann ich auch richtig gut segeln. Das war eine tolle Erfahrung, wo ich viele nette Menschen kennen gelernt habe.

Dann bin ich oft zu Fußballspielen von Boston United gegangen, am Anfang mit meinem Gastvater, dann mit Freunden. Am Wochenende habe ich immer Internet-Radio gehört, um mir die Spiele meiner Lieblingsmannschaft Sankt Pauli anzuhören. Dies habe ich anschließend immer mit meinem Gastvater diskutiert. Des Weiteren bin ich viel ins Fitnessstudio gegangen, welches für Schüler der Schule sehr preiswert war und habe mich mit Freunden getroffen und habe mit denen Dinge unternommen. Manchmal bin ich auch am Wochenende mit meiner Gastfamilie weggefahren (ans Meer oder zu den Enkelkindern, die im nächsten Ort wohnten)

KulturLife: Du hast Dich für die Unterkunft in einer Gastfamilie entschieden. Wann hast Du zum ersten Mal von Deiner Gastfamilie erfahren?

Sebastian: So ungefähr 6-7 Wochen vor Abreise erhielt ich die Platzierung mit den Kontaktdaten. Meine Gastfamilie war mir von Anfang an sympathisch, wir haben per Email Fotos ausgetauscht und ich habe mich richtig gefreut, sie dann endlich persönlich kennen zu lernen. Toll war auch, dass ich alleiniger Austauschschüler dort war, sodass ich die "ganze" Aufmerksamkeit der Familie hatte.

KulturLife: Wie war die Ankunft bei Deiner Gastfamilie?

Sebastian: Ich war natürlich ein bisschen aufgeregt, als ich am ersten Tag dort ankam. Ich wurde sofort herzlich begrüßt, mir wurde das Haus gezeigt und danach bin ich mit meinen Gastvater in die Stadt gefahren um diese schon einmal etwas näher kennen zu lernen.

KulturLife: Wie hast Du Dich mit ihr verstanden, wie war der Familienalltag?

Sebastian: Die Chemie stimmte auf Anhieb, meine Gastfamilie war die beste auf der ganzen Welt. Sie hatten erwachsenen Kinder, die bereits ausgezogen waren, allerdings manchmal zu Besuch kamen. Ich habe mit meiner Gastmutter viel erzählt und wir saßen abends regelmäßig vor dem Fernseher und haben viel geredet. Zu Anfang noch mit Zeichensprache als Hilfe und die ersten 4-6 Wochen hatte ich auch immer mein Wörterbuch dabei. Meine Gastmutter war sehr sprachinteressiert, hat mir oft alternativen zu einzelnen Wörtern gegeben.

Mit meinem Gastvater teilte ich die Leidenschaft für Fußball! Und iKlassebch kann mich noch gut erinnern, das erste neue Wort auf Englisch mit ihm gelernt zu haben: wir sind in die Stadt gefahren und ich wollte prompt auf der Fahrerseite einsteigen. Mein Gastvater hat gelacht und gemeint, ob ich fahren möchte… Als wir dann in den ersten Kreisverkehr fuhren, wollte ich das englische Wort dafür wissen. "Roundabout" - das erste neue Wort, was ich gelernt habe! Ich bin mir sehr bewusst, was ich für ein Glück mit meiner Gastfamilie hatte und weiß dies sehr zu schätzen.

KulturLife: Hattest Du Heimweh?

Sebastian: Ja, allerdings nur ein einziges Mal und das erst im Mai, obwohl ich schon fast neun Monate da war. Ich bin Mitglied der deutschen Waldjugend und fahre seit Jahren mit ihnen für ein gemeinsames Wochenende ins Landeslager, was immer Mai stattfindet. An genau diesem Wochenende erhielt ich einen Anruf von meinen Freunden dort, die mir gemeinsam viele Grüße ausrichteten. Ich habe sie sehr vermisst und mir ging es drei Tage lang gar nicht gut damit.

KulturLife: Du hattest Dich entschieden, Weihnachten dort zu bleiben, obwohl die meisten Austauschschüler zurück nach Hause fliegen. Warum?

Sebastian: Das war eine bewusste Entscheidung, ich wollte richtig dort sein und mich zu Hause fühlen. Weihnachten war dann wirklich recht interessant, am 24. Dezember konnte man noch Geschenke kaufen, erst am 25. wird morgens gefeiert. Und die Gastfamilie hatte sogar einen Plastikweihnachtsbaum! Das war gewöhnungsbedürftig, aber gut!

KulturLife: Wie war der Abschied von der Gastfamilie?

Sebastian: Sehr schwer. Da meine Gastmutter von meinem Singen immer begeistert war und mir oft zugehört hat, habe ich ihr als Abschiedsgeschenk eine CD gebrannt, wo ich gecoverte Lieder singe und auf der Gitarre spiele. Meine Gastmutter war so gerührt, sie meinte, das dies das beste Geschenk wäre, was sie jemals geschenkt bekommen hat. Ich habe mich sehr geehrt gefühlt! Für meinen Gastvater hatte ich einen Autogrammstapel von der Fußballmannschaft Sankt Pauli, auch er war sichtlich gerührt.

KulturLife: Hast Du noch Kontakt zu Deiner Gastfamilie?

Sebastian: Ja, wir telefonieren mindestens einmal im Monat und für nächsten Sommer ist auf jeden Fall ein Besuch geplant. Eine der Töchter hat in der Zwischenzeit ein Baby bekommen, da freue ich mich sehr drauf.

 

KulturLife: Was sind Deine Pläne in der Zukunft?

Sebastian: Ich will nach dem Abi auf jeden Fall ein Jahr ins Ausland. Am liebsten will ich als Volontär arbeiten, denn da kann man richtig was bewegen und sich sozial engagieren. Außerdem möchte ich gerne in England studieren, die Idee kam mir so ungefähr zwei Monate nach meiner Rückkehr. Auf jeden Fall habe ich mir fest vorgenommen, alle Kontinente wenigstens einmal im Leben bereist zu haben.

KulturLife: Schon eine Idee, was genau Du dort studieren möchtest?

Sebastian: Keine Ahnung, gerne was mit Sprachen oder Musik. Ich kann mir auch gut vorstellen, danach weiterhin im Ausland zu leben.

KulturLife: Was war mit das tollste Erlebnis?

Sebastian: Es gab eine Aktion der Schule "Boston College has talent", um Geld für einen guten Zweck (Charity) zu sammeln. Ich habe mich einfach mit meiner Gitarre hingestellt und "Chasing Cars" von Snow Patrol gesungen. Ich wurde tatsächlich ins Finale gewählt, welches in der Schulaula stattfand. Und ich habe den ersten Platz belegt!!!!

Während meiner Indienreise habe ich das Lied auch noch mal gespielt, die kleinen Schulkinder waren alle total begeistert. Das macht mich wirklich sehr stolz!

KulturLife: Vielen Dank für das nette Gespräch, Sebastian!

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