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Corinna, ein Schuljahr in New South Wales

Was waren deine Erwartungen?

Da meine Cousine einige Jahre vor mir selber an einem Schüleraustausch teilgenommen hat, hatte ich durch ihre Erzählungen einige Erwartungen an meine eigene Gastfamilie. Dazu gehörte vor allem, dass sie mich herzlich in ihre Familie (und Familienleben) aufnehmen würden. Da dieser Austausch auch ein Kulturaustausch sein sollte, freute ich mich schon, dass die Gastfamilie mir viel von Australien und den Menschen dort erzählen oder zeigen würde und mir mit meinem Englisch weiter hilft.

Wie bist du mit deiner Gastfamilie vor deinem Auslandsjahr in Kontakt getreten?

Da ich kurzfristig doch noch einer anderen Gastfamilie zugeteilt wurde, blieb nur noch Zeit für zwei E-Mails, um sich kurz auszutauschen und gegenseitig Bilder zu schicken.

Wie war das erste Treffen mit deiner Gastfamilie; wie hat man dich angesprochen?

Ich kam mitten in der Nacht in Sydney an, daher verlief das erste Gespräch mit meiner Gastmutter eher kurz. Sie empfing mich zwar verschlafen aber herzlich und zeigte mir mein Zimmer und Badezimmer. Sie bot mir noch Essen, Trinken und eine Dusche an, ging dann aber auch wieder schlafen, da sie am nächsten Tag arbeiten musste.

Am besagten nächsten Tag weckte sie mich kurz bevor sie ging, zeigte mir den Rest des Hauses, wo ich mein Frühstück und Lunch finden konnte und stellte mir meine eine Gastschwester und die vier tapsigen Mitbewohner vor. Da ich einen Jetlag hatte, schlief ich den ganzen Tag und wachte erst abends wieder auf, wo ich dann bei Dinner meinen Gastvater und meine andere Gastschwester kennen lernte. Der Small-Talk ging dann aber schnell wieder über alltägliche Gespräche der Familie über, denen ich mit etwas Mühe versuchte zu folgen.

Wie hast du deine ersten Tage bzw. den Schulalltag in Erinnerung?

In den ersten Tagen habe ich auf Grund des Jetlags zugegebenermaßen ziemlich viel geschlafen. Den Rest der Zeit zeigte meine Gastmutter mir etwas unseren Suburb mit Bushaltestellen und Geschäften, den Weg des Schulbusses und fuhr mit mir Einkaufen. Mehr war auch nicht möglich, denn die Schule begann schon einige Tage später.

Soweit ich mich erinnern kann war ich am ersten Schultag etwas aufgeregt und froh, dass meine Gastmutter mich zum Uniform kaufen und Unterlagen ausfüllen zur Schule begleitete. Im ersten Moment war ich sogar erleichtert, dass ich dort erst einmal auf andere deutsche Austauschschüler traf. Die darauf folgenden Stunden waren sehr chaotisch, da niemand wusste wohin mit uns und es anscheinend schwierig war, uns auf diverse Kurse aufzuteilen. Hinzu kam allgemeines Unbehagen und Enttäuschung darüber, dass nicht mehr viele Kurse zur Auswahl standen.

Ohne großen Aufwind wurden wir am nächsten Tag direkt mit in den Unterricht aufgenommen. Ich selber hatte noch etwas länger mit dem Kulturschock Schule zu tun.

Mir war zwar von vornherein das tiefere Lernniveau bewusst, jedoch blieben mir die Lernatmosphäre und die Art des Unterrichts dort stets fremd. Den disziplinierten (und manchmal harten) Unterricht, den ich aus Deutschland kannte, konnte ich hier jedenfalls nicht wieder finden. Lediglich bei einer Lehrerin merkte ich, dass es hier etwas ernster und gewissenhafter vorging. Genau dieses Fach, entwickelte sich dann später auch zu meinem Lieblingsfach und machte mir richtig Spaß.

Vielleicht hat es auch etwas damit zu tun, dass ich eine der Ältesten war und mich somit nie ganz an die unruhige Art meiner Mitschüler gewöhnen konnte. Da fiel es, glaube ich, nicht nur mir schwer, sich bei diesen richtig zu integrieren, zumal sie bereits in Grüppchen waren. So blieben alle Austauschschüler unserer Stufe eher unter sich.

Wie lange hast du gebraucht, um dich richtig einzuleben?

Richtig eingelebt habe ich mich ziemlich schnell. Natürlich vermisst man Familie, Freunde und zu Hause, jedoch konnte ich mich der Situation entsprechend ohne Probleme relativ schnell und gut anpassen.

Was hat dir am meisten Spaß gemacht?

Am meisten Spaß hat es mir gemacht, dass wir Austauschschüler nach der Schule immer wieder neue Sachen in Sydney erkunden konnten. Der Luxus in Strandnähe zu wohnen und dort nach der Schule hinzufahren war jedes Mal aufs Neue ein Highlight. Es ist außerdem toll, wenn man merkt, dass das eigene Englisch sich nach und nach verbessert.

Wie hast du die Feiertage im Gastland erlebt?

Um ehrlich zu sein war Weihnachten in diesem Jahr kein allzu besonderer Tag für mich. Da meine Gastfamilie nicht gläubig ist, ging es an dem Tag hauptsächlich um Essen und Geschenke. Ein sehr fröhlicher Tag war es auch nicht, da meine Gastschwestern mit Essen und Geschenken nicht zufrieden waren. Für mich alles etwas ganz Neues, da Weihnachten für mich ein fröhlicher Tag ist, an dem es hauptsächlich um das Familienbeisammensein und Traditionen geht, als um Materielles.

Wie hat sich das Essen im Gastland unterschieden?

Das Essen hat sich für mich dahingehend unterschieden, dass ich in Australien morgens und mittags meist alleine gegessen habe (Selbstbedienung). Da Lebensmittel dort nicht günstig sind, war es auch nicht immer so gesund wie ich es sonst gewöhnt bin – was mir aber nichts weiter ausmachte. Denn abends kochte meine Gastmutter (eine Hobbyköchin) immer sehr leckere Gerichte, die wir dann gemeinsam aßen.

Wie waren der Abschied bzw. die letzten Tage?

Für mich war diese Zeit im Gegensatz zu den anderen Austauschschülern nicht schlimm, da ich wusste, dass ich die Menschen wiedersehe und noch einmal nach Sydney zurückkehren würde.

Wie bist du in „good old Germany“ zurechtgekommen, nachdem du wieder da warst?

Da ich nicht zurück in einen Schulalltag musste, bin ich auch hier gut zurechtgekommen. Es fühlte sich für mich so an, als wäre ich aus einem Urlaub heimgekehrt. Der „Reverse-Kulturschock“ blieb dabei vollkommen aus.

Was waren die größten Unterschiede zwischen Deutschland und deinem Gastland?

Der größte Unterschied ist, glaube ich, die Grundeinstellung der Menschen im jeweiligen Land. Die Offenheit und Gelassenheit der Australier lässt sich im ganzen Leben und Lifestyle dort wiederfinden. In diesem Fall hat das Klischee tatsächlich Recht und ich empfinde selbst einen einfachen Stadtbummel oder Arbeitstag dort anders als im korrekten, pünktlichen Deutschland.

Was vermisst du am meisten?

Am meisten vermisse ich die eben genannte Offenheit und Gelassenheit der Australier. Denn das trägt auch ein Stückweit dazu bei, dass man das Leben mehr genießen kann. Ich fand es immer toll, wie hilfsbereit die Menschen dort sind und wie schnell man mit fremden Leuten dort in ein nettes Gespräch kommt.

Dazu kommt natürlich, dass der Strand hier nicht nur 5 Minuten, sondern 5 Stunden von zu Hause entfernt ist.

Bereust du etwas an deinem Austausch oder hättest du im Nachhinein etwas anders gemacht?

Wirklich bereuen tue ich nichts. Es kommen immer wieder Situationen mit denen man nicht zufrieden ist und die Rahmenbedingungen nicht änderbar sind. Aber das gehört dazu und man muss versuchen das Beste draus zu machen. Das Einzige, was ich vielleicht hätte überwinden sollen, war die Schüchternheit einfach so auf Englisch loszureden. Das hätte vermutlich das soziale Leben zusätzlich etwas verbessert.

Was hast du aus dem Auslandsaufenthalt gelernt bzw. was hast du für dich mitgenommen?

Gelernt habe ich wahrscheinlich mehr als ich aufzählen kann. Abgesehen von der englischen Sprache gibt es unheimlich viel, dass mich persönlich verändert und hat reifen lassen. Man lernt zu schätzen, über sich selbst hinaus zu wachsen, selbstständiger und unabhängiger zu sein – um mal die Hauptaspekte zu nennen. Im Endeffekt ist es für jeden eine individuelle Reise, die einen aber weiter bringt als nur auf die andere Seite der Erde.

Mitgenommen habe ich vor allem das Wissen, dass ich diese Erfahrung nicht missen möchte.

Corinna

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