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Louisa, 7 Monate Schulaufenthalt "England Classic" in Lancaster

Afrika in England

Habe ich alles dabei? Oh man ich hätte wohl doch eher packen sollen, so wie meine anderen Freunde, die einen Austausch machen! Das war wohl das Erste, das mir in den Sinn gekommen ist, als ich am Hamburger Flughafen am Check-in Schalter stand. Meinen Koffer habe ich erst einen Tag vor meiner Abreise gepackt und leider auch nicht wirklich professionell. Aber ok, jetzt ist es auch nicht mehr zu ändern und wenn ich noch etwas brauche, dann kann ich mir es eben in England kaufen.

Nun heißt es: ab die Post – los geht’s in ein neues Land ohne meine deutschen Freunde, ohne meine Familie oder sonst irgendjemanden, den ich kenne. Mit meiner Gastfamilie habe ich aber vorher telefoniert und sie hörte sich richtig nett an. Eine Mama und ein Papa, keine Kinder – auch wenn ich mir eigentlich Geschwister gewünscht habe… Meine Gasteltern haben sich ein Gast-Kind genau aus diesem Grund ausgesucht, weil sie nämlich keine eigenen Kinder bekommen können. Also eigentlich beste Voraussetzungen dafür, dass für mich gut und herzlich gesorgt wird.

Der Flug nach England/Manchester Airport dauerte gerade mal eine Stunde. Es ging also alles ganz schnell. Man konnte sich eigentlich gar nicht so schnell umstellen und sich auf das was kommt vorbereiten – so schnell war ich in England…

Mich hat ein Taxifahrer, der von der Organisation angestellt war, vom Manchester Airport nach Lancaster gefahren und dort sollte es auch zum ersten Kennenlernen mit meiner Gastfamilie kommen. Wie soll ich sie begrüßen? Hände reichen? Umarmung? Wie soll ich das nur machen? Zum Schluss habe ich dann nur gedacht, dass ich die Begrüßung einfach so mache wie es kommt, ich werde schon sehen was passiert. Und genauso war es dann auch. Mein Gastvater war nicht da, weil er zu der Beerdigung seiner Tante gefahren ist und diese weit im Süden stattfand. Aber meine Gastmutter war da. Sie öffnete die Tür als sie das Scheinwerferlicht vor ihrer Tür aufblinken sah und schloss mich sofort in die Arme. Ich war so erleichtert! Ich wusste zwar, dass sie total herzlich war, zumindest habe ich das vermutet, aber mir fiel trotzdem ein Stein vom Herzen. Ich kam schon am ersten Abend perfekt mit ihr klar! Wir redeten bestimmt zwei Stunden über Gott und die Welt – ich mit meinem gebrochenen Englisch, welches alles andere als perfekt war und sie mit ihrer verständnisvollen Art. Es war ein Traum – noch nie gesehen, aber auf Anhieb verstanden.

Am nächsten Tag ging es sofort zur Schule. Oh Gott war ich aufgeregt! Wie werden meine Mittschüler sein? Werde ich verstehen was sie sagen? Werde ich mich blamieren? All das schoss mir auf dem Weg zur Schule andauernd durch den Kopf. Als erstes kam ich zum Form Teacher, Mr. Smith. Er war richtig nett und hat mir meinen Stundenplan zusammengestellt. Ich hatte nur vier Unterrichtsfächer und konnte mich von einer großen Auswahl bedienen. Ich habe mir die Fächer Englisch, Media Studies, Kunst und Furniture Design ausgesucht. Das heißt: für sieben Monate kein Mathe.

Zuerst war es schwer Freunde zu finden. Das lag nicht daran, dass ich meinen Mund nicht aufbekommen habe, denn damit hatte ich noch nie Probleme. Ich habe es versucht mir Freunde zu suchen, doch die Engländer sind leider etwas verschlossen. Sie haben ihre Gruppen und lassen nur ungerne jemanden in ihre Clique. Aber ich habe nicht aufgegeben und nach einer Woche habe ich mich mit ein paar Jungs angefreundet. Es waren keine Britischen Schüler, sie waren alle Afrikaner aus Zambia, Südafrika und noch anderen Afrikanische Länder. Es war eigentlich gar nicht so, dass ich sie angesprochen habe, sie haben mich angesprochen. Zuerst haben sie mich die ganze Zeit zugeredet und ich habe zu allem was sich nach einer Frage anhört ja gesagt. Ich glaube ich möchte überhaupt nicht mehr wissen was ich alles beantwortet habe. Zu dem bin ich mir auch zu hundert Prozent sicher, dass sie mich ziemlich oft verarscht haben, aber darüber muss man als Austauschschüler lachen können, da einem das ziemlich oft passieren wird – ist aber mehr lustig als schlimm.

Nach einer Weile haben sie mich gefragt ob ich überhaupt irgendetwas verstanden habe von dem was sie gesagt haben und natürlich verneinte ich diese Frage. Irgendwie fanden sie das wohl sympathisch, denn ab dem Moment waren wir befreundet. Nicht nur die Sprache war am Anfang unserer Freundschaft ein Problem. Zwar bemühen sich die Afrikaner ein klares Englisch zu sprechen, doch sie haben einen Akzent, an den man sich erst einmal gewöhnen muss. Auch die Namen waren ein ziemliches Problem. Ich als Namens-Legastheniker habe ja so schon Probleme mir Namen zu merken, aber diese Namen haben alles übertroffen: Miyoba, Tapiwa und Mwalula – die waren einfach zu schwer für mich! Die Namen überhaupt auszusprechen ist schon eine große Aufgabe, aber sich die einzuprägen… Aber durch meine afrikanischen Freunde, die ich kennen gelernt habe, habe ich dann auch bei anderen Schülern Anschluss gefunden.

Die Schule war echt super! Es war nicht zu schwer, auch nicht zu einfach und wenn man Probleme hatte, dann ist man einfach zu den Lehrern gegangen und hat nachgefragt. Es gab natürlich eine Lehrerin, die nicht ganz so nett war, aber die gibt es ja überall.   

Ich bin jetzt schon seit 2 Jahren wieder zu Hause und habe noch immer Kontakt zu meinen Freunden in England und zu meiner Gastfamilie. Der Kontakt ist zwar nicht regelmäßig, aber ich freue mich immer wenn ich etwas von meiner Familie oder meinen Freunden höre! Jedes Jahr im Sommer besuche ich all meine Lieben in England und merke immer wieder, dass die Freundschaft immer noch vorhanden ist und alles so ist wie vor zwei Jahren, außer, dass meine Freunde jetzt studieren und über das Land verteilt sind. Das macht aber nichts! So kann man umso mehr England entdecken.

Louisa

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