MENÜ

Studium/Ausbildung und dann weltwärts

Interview mit Olga, weltwärts-Jahr in einem Bildungsprojekt

Weltwärts ist ein Programm vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ), welches mit Hilfe verschiedener Entsendeorganisationen Freiwillige in Schwellen- und Entwicklungsländer entsendet. Grundsätzlich steht diese Möglichkeit allen Menschen zwischen 18 und 28 Jahren offen, aber es nehmen überwiegend Abiturient_innen im Alter von 18 bis 20 Jahren am weltwärts-Programm teil. Das möchten wir gerne ändern, denn auch während oder nach der Ausbildung/dem Studium ist ein Freiwilligendienst im Ausland eine tolle Erfahrung.  Als ein gutes Beispiel für einen weltwärts-Aufenthalt nach dem Studium steht Olga Dragunowa, die mit KulturLife in Ecuador war.

Wir freuen uns, dass Olga sich bereit erklärt hat, uns schriftlich ein paar persönliche Fragen zum Thema „Studium/Ausbildung und dann weltwärts“ zu beantworten. Wer genau sie ist und was sie so macht, kann sie vielleicht am besten selbst erklären:

1. Bitte stell dich einmal kurz vor: Wie alt bist du, was hast du studiert und was machst du im Moment?

Mein Name ist Olga Dragunowa. Ich bin 26 und habe Psychologie in Saarbrücken studiert. Gerade leite ich alles in die Wege, um die Ausbildung zur psychologischen Psychotherapeutin in Berlin zu beginnen. Bis es nach Berlin geht, verbringe ich die Zeit zwischen Freiwilligendienst und "und jetzt?" in Rostock bei meinen Eltern. Von hier aus suche ich nach sinnvollen Jobs in Berlin, bilde mich über Onlinekurse weiter, verbringe schöne Momente mit Freunden und Familie und arbeite ehrenamtlich als Rettungsschwimmerin am Strand von Warnemünde.

2. Worin genau bestanden deine Aufgaben als Freiwillige in deinem weltwärts-Projekt?

Als Psychologin wurde ich direkt in meinem Berufsfeld eingesetzt. Ich habe die einzel- und gruppenpsychologische Begleitung von Kindern und Jugendlichen in einem nichtformalen Bildungsprojekt übernommen. Ich habe Einzelkonsultationen mit jungen Menschen von 5 bis 17 Jahren durchgeführt, die aufgrund ihrer familiären oder sozialen Ausgangssituation verschiedene Stützen brauchten. Ich habe psychische Gesundheit unterrichtet und Selbstsicherheitstrainings angeleitet. Für die Eltern habe ich einmal im Monat Workshops zu von den Eltern selbst gewählten Schwerpunkten gehalten und bei Bedarf Beratung angeboten. Für das Arbeitsteam habe ich Mitarbeiter_innenschulungen zu Themen wie interne Kommunikation und Mediation durchgeführt. Und schließlich habe ich eine Mitarbeiter_innenbefragung zur Arbeitszufriedenheit für die gesamte Organisation konzipiert, durchgeführt, ausgewertet und präsentiert. Daneben gab es noch viele weitere, auch nicht explizit psychologische Tätigkeiten, wie Essenszubereitung, Aufsicht, Beschäftigung und Spiel.

3. Würdest du sagen, dass es für deinen Freiwilligendienst von Vorteil war, schon dein Studium abgeschlossen zu haben? Worin bestanden diese Vorteile?

Ja, für mich definitiv. Bereits zu Schulzeiten wollte ich einen Freiwilligendienst in Lateinamerika erleben, vorher jedoch auf jeden Fall das Studium abschließen, um dann Gelerntes direkt anwenden zu können. Und genau das konnte ich - das ist meiner Ansicht nach der größte Vorteil. Wäre ich direkt nach der Schule gegangen, hätten meine Aufgaben im Projekt ganz anders ausgesehen, weniger attraktiv für mich. Auch im Umgang mit bestimmten Situation bei der Arbeit, sei es innerhalb des Kollegiums, mit den Kindern oder mit strukturellen Bedingungen des Projekts, war es vorteilhaft bereits auf Erfahrung zurückgreifen zu können, die ich während des Studiums gesammelt habe.

4. Inwiefern hat dein weltwärts-Jahr dich für deinen weiteren Berufsweg beeinflusst? Was hast du Neues gelernt, was du hier im Beruf zukünftig nutzen kannst?

Das weltwärts Jahr war mein Einstieg in die Vollzeit-Berufswelt. Das tolle war die Freiheit der Ausgestaltung meiner Arbeit. Ich habe gelernt, das Studienwissen situations- und personenkonzentriert zu erweitern und dadurch praktisch anwendbar zu machen. Ich habe mich durch die gegebenen Realitäten der Familien fortwährend weitergebildet. Ich habe viel über mich selbst, meine Reaktionen gegenüber und Herangehensweisen an berufliche Herausforderungen gelernt. Auch habe ich eine klare Vorstellung über die Art und Weise wie ich und wie ich nicht mein Arbeitsleben gestalten möchte, bekommen. Rückblickend ist es eine gute Mischung aus hard und soft skills, die ich aus dem weltwärts Jahr mitnehme und die mir zukünftig im Beruf unweigerlich von Nutzen sein werden.

5. Wie haben die Mitarbeiter_innen im Projekt reagiert: Waren sie froh, eine zusätzliche, ausgebildete Person im Team zu haben?

Das Projekt, in dem ich gearbeitet habe, hatte vor einigen Jahren eine festangestellte Psychologin. Aus finanziellen Gründen wurde die Stelle abgeschafft. Ich war eine willkommene Unterstützung und wurde als Mitarbeiterin auf Augenhöhe behandelt. Ich hatte viele Freiräume in meiner Arbeit, wurde um Rat gefragt und hatte insgesamt ein eher kollegiales Verhältnis zu meiner Projektkoordinatorin. Jetzt möchte das Projekt mit inländischen Psychologiestudent_innen zusammenarbeiten. Auch, weil durch meine Arbeit noch einmal die Bedeutung der psychologischen Unterstützung für die Kinder und Jugendlichen und deren Eltern deutlich wurde. Diese Entwicklung freut mich sehr.

6. Wie beeinflusst dich dein weltwärts-Jahr über den Beruf hinaus, im Privaten oder auch bei deinem ehrenamtlichen Engagement?

Privat habe ich eine Fülle von Erfahrungen, Begegnungen und Erlebnissen durchlebt, dich mich sehr bereichern und in mir weiterarbeiten. Ich bin sehr dankbar für dieses Jahr mit all seinen Facetten. Das Abschlussseminar war für mich persönlich ganz unverhofft unheimlich wertvoll. Der Austausch und die Vernetzung mit jungen Menschen, die überall auf der Welt gelebt haben, war wunderschön und hat die Wirkung eines Freiwilligendienstes auf die persönliche Entwicklung noch einmal akkumuliert bei so vielen unterschiedlichen Charakteren verdeutlicht.
Seit vielen Jahren bin ich vielseitig ehrenamtlich engagiert, durch das weltwärts Jahr habe ich neue Themen und Träger kennengelernt, die nun noch mehr Möglichkeiten des Engagements bieten. So habe ich zum Beispiel die Zeitschrift Mitten.drin-Magazin für Engagement und Freiwilligenkultur für mich entdeckt, bei dem man als Redakteur_in, Layouter_in oder Autor_in mitwirken kann.

Zurück