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Ingrid, 5 Wochen Volunteering im Waisenhaus

Kaum da… und schon mittendrin

Ich hatte mich als Volunteer 50+ für das Projekt beworben. Mitte November machte ich mich endlich voller Erwartung und Vorfreude auf nach Südafrika.

Am Flughafen Johannesburg wurde ich von Tahiyya, der Leiterin der Organisation, abgeholt. Kaum im Waisenhaus angekommen, war ich schon umringt von 20 süßen Kindern im Alter von 1 - 6 Jahren, die mich gleich mit Fragen überhäuften und aufforderten mit ihnen zu spielen, zu malen und zu singen, was ich natürlich gerne tat. Die Sonne lachte vom Himmel und wir genossen es alle, im Freien zu spielen und uns näher kennenzulernen.

Was es heißt, 20 quirlige Kinder an einem Sonntag in einem Raum zu beschäftigen, merkte ich dann ein paar Tage später, als es den ganzen Nachmittag regnete und zudem der Strom ausgefallen war – also auch kein Fernsehprogramm, keine DVD und kein Licht zur Verfügung standen. Aber mit etwas Einfallsreichtum meisterten wir auch diese Herausforderung. Wir übten Purzelbäume und andere Kunststückchen und am Abend konnten die Kinder das deutsche Kinderlied „Hoppe hoppe Reiter“.

Glücklicherweise kamen solche Regentage nicht allzu oft vor und wir konnten meist im Freien spielen und das vorhandene Trampolin nutzen. Stiegen die Temperaturen dann mal auf über 30 °C kamen auch Wasserschläuche und -rutschen und Planschbecken zum Entzücken der Kinder zum Einsatz. Es ist doch faszinierend, welche große Anziehungskraft Wasser für Kinder auf der ganzen Erde hat.

Ich hatte das Glück die Weihnachtszeit dort verbringen zu dürfen und durfte einige Christmas Partys miterleben. Die Vorfreude der Kids auf die Geschenke und das Leuchten der Kinderaugen beim Auspacken werde ich nie vergessen, wenn die Barbies, die Prinzessinnenschuhe, der Haarschmuck oder die Trucks und Spielzeugautos ausgepackt wurden und zum ersten Mal zum Einsatz kamen. Die Puppen wollten gekämmt und angezogen werden. Dabei fiel dann schon mal ein Kopf, ein Arm oder ein Bein ab. An solchen Tagen war ich dann Puppendoktor und Fahrzeugmechaniker zugleich. Denn auch bei den Jungs gab es ständig „Unfälle“, bei denen schon mal ein Rad am neuen Rennwagen abfiel. Es gab immer etwas zu flicken und zu reparieren. Ständig hatte ich mehrere Kinder um mich versammelt mit der Bitte „fix it“, „dress it“, „undress it“, etc. und sie freuten sich so, wenn die Puppe wieder „geheilt“ war und das Auto wieder fuhr.

Die größte Herausforderung des Tages war, die Kinder zu baden und zum Schlafengehen vorzubereiten. Gleich zu Anfang hatte ich mich leichtsinnigerweise – ohne zu wissen, was mich erwartet - bereit erklärt, das Baden sieben kleiner Mädchen im Alter von 3 – 6 Jahren zu übernehmen. Diese Aufgabe habe ich am nächsten Abend gleich wieder an die „House Mamies“ abgegeben, war ich doch selbst durchnässt (mindestens so nass wie die Kinder) und zudem hatten sie das Badezimmer unter Wasser gesetzt. Ich habe mich danach auf das Abtrocknen und Eincremen beschränkt. Aber auch das war mit Gefahren verbunden, denn wenn sie mal die Cremedose erwischten, dann konnte es vorkommen, dass die Kinder mit einer zentimeterdicken Cremeschicht überzogen waren.

Neben der Beschäftigung mit den Kindern unterstützte ich auch die „House Mamies“ und die weitere Belegschaft bei ihren täglichen Arbeiten. Zwischenmahlzeiten zubereiten, Geschirr waschen, Kartoffeln schälen, Gemüse putzen, Wäsche auf- und abhängen, etc. gehörten zum täglichen Tagesablauf.

Und dann waren da noch die Babys, das kleinste gerade mal 9 Wochen alt. Der kleine Junge war eine Frühgeburt, entwickelte sich jedoch während meines Aufenthalts prächtig und hatte bei meiner Abreise das Gewicht eines normalen Neugeborenen erreicht.

Gleich am ersten Tag „verliebte“ ich mich in die süße Annie, ein 8 Monate altes Mädchen, von dem ich nicht mehr loslassen konnte. Ich hätte sie am liebsten in den Koffer gepackt und mitgenommen.

Es war eine helle Freude mit zu verfolgen, welche Fortschritte die Babys während meines Aufenthalts machten. Konnten einige bei meiner Ankunft weder krabbeln noch stehen, mussten wir nach 6 Wochen aufpassen, dass sie uns nicht entwischten.

Der Aufenthalt bei den „Rainbow Babys“ war für mich eine erfüllte Zeit, die ich nicht missen möchte. Ich hätte nie gedacht, welch intensive Beziehung man zu diesen Kindern innerhalb so kurzer Zeit aufbauen kann. Die Kinder suchen regelrecht Körperkontakt, sie wollen ständig knuddeln und gestreichelt werden; sie sind so dankbar, wenn man sich ihnen zuwendet. Der Abschied war dann auch tränenreich und es fiel mir unheimlich schwer, zu gehen. Sie waren mir so sehr ans Herz gewachsen. Ich vermisse sie so – ganz besonders der abendliche Gutenachtkuss.

Es hat mir so viel Spaß gemacht, Kindern und Menschen, denen das Schicksal nicht so gut gewollt hat, zu helfen und mich mit ihnen zu beschäftigen. Die Gemeinschaft mit den Kindern, den „House Mamies“ und den Mitarbeitern der Organisation hat mir so viel gegeben, wir haben so viel gelacht und gescherzt. Die Zeit hat mein Leben ungemein bereichert. Ich würde es jederzeit wieder tun.

Ingrid

57 Jahre

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